Ehemalige Teilnehmer:innen von "Germany's Next Topmodel" (GNTM) gehen immer häufiger mit kritischen Aussagen über die Show an die Öffentlichkeit. Ihre Erfahrungen werfen ein Schlaglicht auf die Bedingungen hinter den Kulissen und sorgen für hitzige Diskussionen in den sozialen Medien. Influencer:innen greifen diese Kritik auf und tragen entscheidend dazu bei, dass die Debatte an Reichweite gewinnt. Doch wie genau gestalten sich diese Dynamiken, und welche ethischen Fragen wirft dies für Reality-TV-Formate und die Rolle von Social Media auf?
In den letzten Jahren sind immer mehr kritische Stimmen laut geworden, die "Germany's Next Topmodel" als toxisches Umfeld beschreiben. Teilnehmer:innen wie Lijana Kaggwa, die 2020 im Finale stand, berichten von psychischer Belastung, manipulativem Schnitt und einem hohen Druck, der durch die Produktion erzeugt wird. In einem YouTube-Video sprach Kaggwa offen über Cybermobbing, das sie nach ihrer Teilnahme erlebt hat, und machte die Show dafür mitverantwortlich.
Andere, wie Nathalie Volk, heute Miranda DiGrande, die 2014 an GNTM teilnahm, kritisierten Heidi Klum persönlich. Sie warfen ihr vor, junge Frauen nicht zu unterstützen, sondern für die Show zu instrumentalisieren. Solche Statements werden in sozialen Medien hundertfach geteilt, was die Kritik an der Show noch verstärkt.
Die Kritik an GNTM hat durch Influencer:innen und deren Reichweite eine neue Dimension erreicht. Persönlichkeiten wie Dagi Bee oder Louisa Dellert, die zusammen über Millionen Follower:innen auf Instagram und YouTube verfügen, haben die Debatte aufgegriffen. Durch ihre Kommentare, Reposts und eigenen Videos wird die Reichweite der ursprünglichen Kritik enorm vergrößert.
Ein Beispiel ist die TikTok-Story von Louisa Dellert, in der sie auf die falschen, unhaltbaren Körperideale eingeht, die durch GNTM geschaffen wurden und wie diese sie seit ihrer Jugend psychologisch unter Druck setzte. Ihre Story wurde von Zehntausenden gesehen und geteilt. Dagi Bee äußerte sich in einem ihrer YouTube-Videos kritisch zu den Produkten, die bei GNTM vermarktet werden. Solche Beiträge verstärken die Aufmerksamkeit für die Missstände und regen die breite Öffentlichkeit zum Nachdenken an.
Gleichzeitig nutzen viele ehemalige Teilnehmer:innen ihre eigenen Social-Media-Plattformen, um ihre Erfahrungen zu teilen. So auch Sarah Knappik, die aus ihrer Zeit bei GNTM berichtet und gleichzeitig Tipps für junge Frauen im Model-Business gibt.
Die Kritik an GNTM wirft grundlegende Fragen auf: Wie weit darf Reality-TV gehen, um Unterhaltung zu liefern? Und welche Verantwortung tragen Produktionsfirmen wie ProSiebenSat.1 für die psychische Gesundheit der Teilnehmer:innen?
Expert:innen argumentieren, dass solche Formate ethische Grenzen überschreiten, wenn sie Teilnehmer:innen öffentlich bloßstellen oder extreme Konflikte inszenieren, um Einschaltquoten zu steigern. Die Kritik durch Influencer:innen hat die Debatte erweitert und auch die Rolle traditioneller Medien infrage gestellt. Während TV-Formate wie GNTM sich oft auf die Inszenierung von Drama konzentrieren, können Social-Media-Kanäle eine differenziertere Auseinandersetzung ermöglichen – sofern sie verantwortungsvoll genutzt werden.
Zudem zeigt der Trend, dass immer mehr Influencer:innen die Plattformen nutzen, um sich für mehr Transparenz und Fairness einzusetzen.Die Stimmen von Influencer:innen, die sich kritisch mit diesen TV-Formaten auseinandersetzen könnten ein Gegenpol zu Formaten wie GNTM sein und zu einem Umdenken in der Medienwelt beitragen.
Ob die Debatte langfristige Konsequenzen für die Produktion von Formaten wie GNTM haben wird, bleibt abzuwarten. Erste Schritte sind erkennbar: ProSieben hat angekündigt, die psychologische Betreuung der Teilnehmer:innen auszubauen und ihre Erfahrungen transparenter zu machen. Ob dies jedoch ausreicht, um die Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, ist fraglich.
Fest steht, dass Influencer:innen und Social-Media-Plattformen weiterhin eine zentrale Rolle dabei spielen werden, solche Themen zu hinterfragen und Druck auf traditionelle Medien auszuüben. Die enge Verzahnung von Reality-TV und Social Media hat die Machtverhältnisse verschoben: Während TV-Formate auf Einschaltquoten angewiesen sind, können Influencer:innen unabhängig und unmittelbar Debatten anstoßen.
Die zunehmende Kritik an GNTM zeigt, wie stark die Grenzen zwischen traditionellen Medien und Social Media verschwimmen. Influencer:innen sind nicht nur Sprachrohre für Missstände, sondern auch Meinungsbildner:innen, die die öffentliche Wahrnehmung aktiv mitgestalten. Gleichzeitig stehen sie vor der Herausforderung, verantwortungsvoll mit ihrer Reichweite umzugehen, um Debatten zu bereichern, statt sie zu verzerren.
Die Diskussion um GNTM ist ein Beispiel dafür, wie Social Media den Druck auf traditionelle Medien erhöhen kann – und wie diese Veränderungen vielleicht zu einem gerechteren und respektvolleren Umgang mit Kandidat:innen und Formaten führen könnten.